Kita: Kein Kinderspiel!

Die Arbeit von Erzieherinnen und Erzieher kann zu Muskel-Skelett-Erkrankungen führen. Zu dieser Erkenntnis gelangt eine Expertengruppe, die Arbeitsbelastungen in Kindertageseinrichtungen untersucht.

Wer denkt, dass die Arbeit von Erzieherinnen und Erzieher kinderleicht ist, der muss umdenken. Eine Expertengruppe stellt fest, dass Erzieherinnen und Erzieher großen Muskel-Skelett-Belastungen ausgesetzt sind.

Körperliche Arbeit kann anstrengend sein. Sitzen, Rumpfbeuge, Hocken, Knien, Fersensitz oder Arme über Schulterhöhe führen in manchen Fällen zu so genannten Muskel-Skelett-Erkrankungen. Dabei denkt man oft an Männer auf Baustellen, die ihren ganzen Körper einsetzen, um ihre Aufgaben zu erledigen. Selten denkt man an Frauen, die in der Kindertagesstätten oder Kindergarten arbeiten. Das ist auch kein Wunder!

Muskel-Skelett-Belastungen bei Erzieherinnen und Erziehern sind weitgehend unerforscht. “Untersuchungen zu Muskel-Skelett-Belastungen bei pädagogischem Personal in Kitas lagen bisher kaum vor. Zudem war nicht bekannt, wie sich die strukturellen Rahmenbedingungen auf die Belastungssituation auswirken.”, heißt es auf der Website des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.

Gesundheitsförderung durch einfache Maßnahmen

Ungünstige Arbeitsbedingungen, wie Lärm, Raumluft, Licht und fehlende Ergonomie, haben einen großen Einfluss auf die Gesundheit und Arbeitszufriedenheit der Erzieherinnen und Erzieher. Das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) hat gemeinsam mit der Unfallkasse Rheinland-Pfalz den Nachweis in einem Praxisprojekt erbracht: Laut IFA-Report „Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz Kita“ fördern schon einfache und kostengünstige Maßnahmen Gesundheit und Motivation im Kita-Team und schaffen damit auch ein gesundes und lernförderliches Umfeld für die Kinder.

Die Studie „Strukturqualität und Erzieher_innengesundheit in Kindertageseinrichtungen“ (STEGE) hat gezeigt: 60 Prozent des pädagogischen Personals in Kitas klagen über Muskel-Skelett-Beschwerden. Sie sind der dritthäufigste Grund für eine Arbeitsunfähigkeit. 73,3 Prozent der pädagogischen Fachkräfte in Kitas empfinden ihre Arbeit grundsätzlich als körperlich anstrengend. Optimal gestaltete Kitas sind deshalb ein wichtiger Beitrag, damit gesunde Kita-Beschäftigte gute Erziehungsarbeit leisten können.

Musterkita für bessere Arbeitsergonomie

„In mehreren Vorläuferprojekten hatten wir bereits Maßnahmen identifiziert, die zum einen Muskel-Skelett-Belastungen im Kita-Alltag erfolgreich vorbeugen“, sagt Professor Rolf Ellegast, stellvertretender Leiter des IFA und Projektverantwortlicher. Zum anderen habe man auch Stellschrauben entwickelt und erprobt, mit denen sich Belastungen durch weitere Faktoren, nämlich Akustik, Raumklima und Beleuchtung, reduzieren lassen.

Alle im Vorfeld gesammelten Erkenntnisse sind in die Gestaltung einer so genannten Musterkita eingeflossen, die von der Unfallkasse Rheinland-Pfalz und einem städtischen Träger in Neuwied realisiert wurde. Das IFA-Projektteam erhob den Status quo der Belastungen vor Projektstart, begleitete die Planungs- und Bauphase und ermittelte die Arbeitssituation der Beschäftigten nach erfolgter Grundsanierung und Teilneubau. Dabei kamen Messungen und Befragungen gleichermaßen zum Einsatz. „Ob in puncto Lärm, Licht, Klima oder Ergonomie, wir konnten zeigen, dass die Maßnahmen die Arbeitssituation der Erzieherinnen verbessern und dass die Betroffenen das auch so empfinden, teils natürlich in unterschiedlichem Maße.“, führt Ellegast aus.

Rahmenbedingungen verbessern

Oft helfen schon einfache Dinge: Schadstoffarme Baustoffe und Möbel verbessern von vornherein die Raumluft. Einfach nachzurüstende Akustikdecken verringern den Geräuschpegel und tragen so zu einer entspannten Arbeitsatmosphäre bei. Der punktuelle Einsatz von Stehlampen hilft bei besonderen Sehaufgaben wie Dokumentationsarbeit. Leichte und rollbare Möbel, zargenfreie Tische und höhenverstellbare Rollhocker schonen Rücken und Gelenke der Kita-Beschäftigten.

„Vor allem mit Blick auf die körperlichen Belastungen ist es außerdem wichtig, nicht nur die Rahmenbedingungen zu verbessern, sondern das Personal für ein gesundheitsgerechtes Verhalten zu sensibilisieren und zu schulen. Und ganz grundsätzlich gilt: Beziehen Sie alle Beteiligten in den Prozess ein. Dann steigt die Erfolgswahrscheinlichkeit!“, ermahnt Ellegast. Die Ergebnisse aus dem Praxisprojekt sollen zusätzlich in die Weiterentwicklung von Kita-Mobiliar einfließen und in Form neuer Lehrmodule die Ausbildung des pädagogischen Fachpersonals ergänzen.

Belastung für Erzieherinnen und Erzieher nimmt zu

Die Experten nehmen des Weiteres an, dass angesichts der steigenden Zahl der zu betreuenden unter Dreijährigen Veränderung der körperlichen Belastung bei Erzieherinnen und Erziehern eingetreten ist. Zudem waren bestehende Lösungsansätze zur Belastungsminderung, wie spezielle Tische oder Erzieherstühle, noch nicht auf ihre Wirksamkeit überprüft worden. Vor diesem Hintergrund plante der Expertenkreis eine Erhebung der Belastungssituation in Kitas und eine Interventionsstudie zur wissenschaftlichen Evaluation von Präventionsmaßnahmen. (ifa/dguv/betriebundarzt)

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